Controlling 21

Dr. J. Schuhmacher

vg

DIN EN ISO

Normen kann man verstehen und auch für konkrete Details im Internet anwenden, obwohl sie oft kompliziert geschrieben und abstrakt gehalten sind.

Sie finden hier alle wichtigen Normen zur Ergonomie im Internet und ein kurze Erklärung der wichtigsten Elemente darin.

Abkürzungen

Beginnen wir mit den verschiedenen Instituten:

I.d.R. stehen die drei Namen DIN EN ISO bei Normen hintereinander, da fast alle wichtigen Normen heute weltweite Standards darstellen, die auch in der EU und Deutschland übernommen wurden.

Kleinster gemeinsamer Nenner

Man darf von internationalen Normen - vor allem zum relativ neuen Thema Internet - nicht zu viel erwarten. Erstens beruhen sie auf gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnissen, die in mühsamer Forschungs-Kleinarbeit erst erbracht werden müssen. Zweitens handelt es sich um Mehrheitsbeschlüsse auf internationaler Ebene, die dann erst langsam in nationale Normen umgesetzt werden. Wer sich auf dem internationalen Parkett auskennt, den verwundert es kaum, dass hier Interessen- und Wirtschaftspolitik oft eine wichtige Rolle spielen. Dies hat zur Folge, dass es oft Jahre dauert, bis man sich schließlich auf den kleinsten gemeinsamen Nenner einigt.
Das Ergebnis sind oft - für Laien - sehr abstrakt und vor allem vage klingende Rahmenvorgaben, die als vorsichtige Soll-Empfehlungen oder mögliche Beispiele ausgesprochen werden. Fachleute können diese jedoch auf weiten Feldern flexible einsetzen.

Wer als Laie lieber handfeste Richtlinien mit Dogmencharakter sucht, sollte sich an die us-amerikanischen Gurus in Sachen Usability halten. Die liefern oft ohne wissenschaftliche Fundierung zu fast jedem Detail scharfe, geradezu gottgegebene Gesetze. Meistens deklarieren die Gurus dieses Pseudowissen auch ganz wörtlich als 10 Gebote. Auffällig ist jedoch, dass jene Gurus dann allerdings aufgrund wissenschaftlicher Widerlegung diese göttlichen Gebote auch ebenso schnell wieder fallen lassen oder sogar in das Gegenteil umkehren.

Ich versuche, Ihnen in diesem Artikel die für das Internet wichtigsten Punkte der Normen so zu erklären, dass Sie diese dann auch anwenden können.
P.S.: Kein vernünftiger Mensch lernt Normen auswendig. Sie sind zum Nachschlagen gedacht. Hier finden Sie die Zusammenfassung von ca. 1.000 Seiten Normen.

Software-Ergonomie

Diese in ihrer Grundform teilweise relativ alten Normen der Software-Ergonomie stammen aus einer Zeit, in der man vom WWW noch nichts wusste und die rasante Entwicklung des Internets nicht erahnte. Es verwundert deshalb kaum, dass der Schwerpunkt auf der reinen Software am beruflichen Arbeitsplatz liegt. Sie besitzt als Kernzielbereich Betriebssysteme und Anwender-Software wie Schreibprogramme, Tabellenkalkulationsprogramme und Datenbanken sowie Grafikprogramme.

Mit dem Aufkommen des WWW wurden die Normen zunehmend auf diesen Bereich des Internets ausgedehnt, obwohl der Begriff Software für reine Informationsseiten (evtl. mit Fotos) sehr weit ausgedehnt erscheint und deshalb im Detail auch oft nicht passt. Der zwar noch oft zu findende Fachausdruck Software wurde dann in den Normen zunehmend durch Dialogsystem ersetzt, wobei dies einer reinen Textseite im Internet ebenfalls kaum gerecht wird. Auch das Anfügen weiterer Teilnormen mit dem Schwerpunkt Multimedia (zumindest so, wie diese derzeit im Detail formuliert sind) trifft den Kern des WWW nicht. Aus diesem Grund habe ich eine neue Theorie entwickelt, die der Zwischenstellung des Internets (besonders des WWW) zwischen Software und Print-Dokument gerecht wird.

9241

Titel: Ergonomische Anforderungen für Bürotätigkeiten mit Bildschirmgeräten

Hierbei handelt es sich um ein ganzes Bündel an Normen. Derzeit sind es 17, die regelmäßig überarbeitet und ergänzt werden:

Die mit einem - Gedankenstrich abgetrennte Zahl dahinter gibt jeweils den Teil des Normenbündels an.

Die Zielgruppen dieses Normenbündels sind Detailplaner, Käufer und Systementwickler.

DIN EN ISO 9241-1

Titel: Teil 1: Allgemeine Einführung

"Eine gute ergonomische Gestaltung ... ist besonders wichtig ... wenn die Akzeptanz des Benutzers entscheidend ist."

"Was für eine bestimmte [Arbeits-] Umgebung geeignet ist, kann unter Umständen in einer anderen Benutzungssituation ungeeignet sein."

"Aus diesem Grund haben ergonomische Normen oft die Form von Empfehlungen oder Anforderungen, die von bestimmten definierten Bedingungen [Zielgruppen] abhängen."

Alle Zitate: ISO 9241-1, S.4, TB 354, S.42.

Dies bedeutet, dass man sehr viel Erfahrung zur Auslegung und Anwendung der Normen benötigt.

Zur Bewertung von Software-Ergonomie gehören:

Die in der Norm immer wieder relevante "Benutzungssituation" ist eine direkte Ableitung der Zielgruppe. Siehe hierzu 9241-11.

DIN EN 29241-2 / ISO 9241-2

Titel: Teil 2: Anforderungen an die Arbeitsaufgaben

EN ISO 9241-3 bis 7

Diese Normen, im Grunde auch vieles aus Teil 8 und 9, betreffen die Hardware-Ergonomie und die Rahmenbedingungen. Da weder die Hardware noch die sonstigen Rahmenbedingungen der Zielgruppe vom Ersteller einer Software oder eines Internet-Auftrittes beeinflusst werden können, werden sie i.d.R. auch nicht unter dem Stichwort Software-Ergonomie behandelt.

Die Teilnormen 3 bis 7 befassen sich mit:

Hier wird sehr deutlich, dass den Ersteller der Ergonomienormen eine ganzheitliche Betrachtungsweise am Herzen liegt. Sie gehen dabei jedoch meist von einer (beruflichen) Arbeitsumgebung aus, die der Arbeitgeber in allen Details beeinflussen kann.
So kann eine Firma ihren Mitarbeitern bessere PCs, Tastaturen und Monitore sowie Stühle anschaffen und diese in korrekt beleuchteten (d.h. u.a. in nicht spiegelnden) Arbeitszimmern aufstellen und alle Mitarbeiter zur körpergerechten Sitzhaltung per Arbeitsanordnung erziehen. Ziel ist hierbei immer die höhere Arbeitsproduktivität der Mitarbeiter.

Für einen Betreiber eines Internet-Auftrittes bleibt so etwas natürlich Wunschtraum. Er muss mit den Realitäten seiner Zielgruppe vorlieb nehmen. Die Hardware-Ausstattung und sonstigen Rahmenbedingungen der vielen Internet-Nutzer sind extrem unterschiedlich und vom Betreiber eines Internet-Auftrittes nicht beeinflussbar. Das macht die genaue Zielgruppenanalyse für einen Erfolg im Internet so wichtig.

DIN EN ISO 9241-8

Titel: Teil 8: Anforderungen an Farbdarstellungen

Aufgrund des sehr hardware-orientierten Inhalts gehört diese Teilnorm zumindest teilweise zur Hardware-Ergonomie. Sie wird jedoch regelmäßig zur Software-Ergonomie gezählt.

Dennoch finden sich einige allgemeine Hinweise:

DIN EN ISO 9241-9

Titel: Teil 9: Anforderungen an Eingabegeräte - außer Tastaturen.

DIN EN ISO 9241-10

Titel: Teil 10: Grundsätze der Dialoggestaltung

Diese Grundsätze sind Unabhängig von einer bestimmten Dialoggestaltung! Sie sind unabhängig von Arbeitssituation, Anwendungen, Umgebungen und Technik.

Die folgenden Benutzermerkmale müssen berücksichtigt werden:

ISO 9241-10 beschreibt 7 anzustrebende Grundsätze:

  1. Aufgabenangemessenheit
    Ein Dialog gilt als aufgabenangemessen, wenn er den Benutzer dabei unterstützt, seine Aufgaben effektiv und effizient zu erledigen.
    Z.B.: Ein Flash-Video zeigt die zu erlernenden Tanzschritte und die Musik dazu erklärt den Rhythmus.
  2. Selbstbeschreibungs­fähigkeit
    Ein Dialog gilt als selbstbeschreibungsfähig, wenn jeder einzelne Dialogschritt dem Nutzer durch Rückmeldung des Dialogsystems unmittelbar verständlich ist, oder dem Benutzer auf Anfrage erklärt wird.
    Z.B.: Links mit Title, Bilder mit Alt-Tag und Title zeigen beim Darüberhinwegbewegen des Mauszeigers den Inhalt und liefern eine Erklärung.
  3. Steuerbarkeit
    Ein Dialog gilt als steuerbar, wenn der Benutzer jederzeit in der Lage ist, den Dialogablauf zu starten sowie seine Richtung und Geschwindigkeit zu beeinflussen, bis er sein Ziel erreicht hat.
    Z.B.: Die Ton-Ausgabe kann vom Benutzer ein-/ausgeschaltet werden.
    Hieraus folgt auch, dass es keine Wartezeiten gibt, oder evtl. Wartezeiten sehr gering sein müssen.
  4. Erwartungskonformität
    Ein Dialog gilt als erwartungskonform, wenn er konsistent ist und den Merkmalen des Benutzers entspricht. So soll der Dialog z.B. den Kenntnissen des Nutzers aus dem Arbeitsgebiet, seiner Ausbildung und seiner Erfahrung sowie den allgemein anerkannten Konventionen entsprechen.
    Z.B.: Die Steuerelemente (Navigation) befinden sich immer an der gleichen Stelle am Bildschirm und funktionieren auf die gleiche Weise.
  5. Fehlertoleranz
    Ein Dialog gilt als fehlertolerant, wenn das beabsichtigte Arbeitsergebnis trotz erkennbar fehlerhafter Eingaben des Nutzers entweder mit keinem oder mit minimalem Korrekturaufwand durch den Benutzer erreicht werden kann.
    Z.B.: Fehler im Bestellformular werden vor dem endgültigen Bestellen getestet und bemängelt.
    Oder: Eine vom Benutzer durchgeführte Pause erlaubt das Weiterarbeiten an der Stelle der Unterbrechung. - Kein Einsatz z.B. einer Zeitschaltuhr!
  6. Individualisierbarkeit
    Ein Dialog gilt als individualisierbar, wenn der Benutzer im Dialogsystem Anpassungen an die Erfordernisse der Arbeitsaufgabe sowie an seine individuellen Fähigkeiten und Vorlieben durchführen kann.
    Dies gilt auch für Sehbehinderte: Sie sollten z.B. eine größere Schrift einstellen können. Dies ist bei vielen fest eingestellten Schriftgrößen nicht möglich.
    Z.B.: Benutzer können Lesezeichen leicht setzen. Das ist bei Frames oder Session-IDs oft erschwert.
    Z.B.: Der Benutzer kann wählen, ob er eine Erklärung lesen oder hören will.
  7. Lernförderlichkeit
    Ein Dialog gilt als lernförderlich, wenn er den Benutzer beim Erlernen des Dialogsystems anleitet und unterstützt.
    Z.B.: (gestalterisch und funktional) gleich bleibende Navigation

Diese Grundsätze stehen zueinander in Verbindung: einzelne können wichtiger sein als andere. Deshalb muss man Prioritäten setzen.

Zu berücksichtigen sind:

Bei der Bewertung der 7 Kriterien ist keine strenge, aber eine allgemeine Prüfung bei Dialogsystemen möglich, ob die Grundsätze angewandt wurden.

Meines Erachtens stellen diese 7 Punkte zusammen mit den 7 unter 9241-12 die Kernaussagen der Ergonomie im Internet dar. Mit ihnen und gründlichem Nachdenken über das konkrete Projekt / Problem kann man im Grunde jede ergonomische Frage korrekt beantworten.

DIN EN ISO 9241-11

Titel: Teil 11: Anforderungen an die Gebrauchstauglichkeit - Leitsätze

Gebrauchstauglichkeit ist das Ausmaß, in dem ein Produkt von bestimmten Benutzern - der anvisierten Zielgruppe - in einem bestimmten Nutzungskontext genutzt werden kann, um bestimmte Ziele effektiv, effizient und zufriedenstellend zu erreichen.

Die Messung der Gebrauchstauglichkeit geschieht in Form von Benutzungseffizienz und Zufriedenstellung: Grad der Erreichung angestrebter Ziele, den Aufwand hierfür sowie den Grad der Zufriedenstellung mit der Nutzung des Produkts.
Die Gebrauchstauglichkeit hängt somit vom Nutzungskontext ab.

Der Nutzungskontext wiederum hängt ab von den:

Alles zusammen bildet das Arbeitssystem. Gemessen wird somit das gesamte Arbeitssystem für ein Produkt.
Bei Analysen sollte jedoch immer nur eine Variable gemessen werden, während man die anderen konstant hält.
Einflüsse haben ferner Übungsgrad der Benutzer und Verbesserung der Beleuchtung.

Hier unterscheidet sich die DIN von meinem Ansatz der Zielgruppe: Man kann im Internet die (Arbeits-) Bedingungen der Zielgruppe nicht ändern. - Keine Firma wird es sich z.B. leisten wollen, weltweit alle potentiellen Nutzer mit einem Großbildschirm auszustatten, nur damit die großformatigen Fotos auf dem eigenen Auftritt betrachtet werden können.
Es bleibt somit nur die Gestaltung der eigenen Internet-Auftritte als beeinflussbare Variable.

Der Unterschied der zwei Ansätze lässt sich kurz zusammenfassen:

DIN EN ISO 9241-12

Titel: Teil 12: Informationsdarstellung

Charakteristische Eigenschaften dargestellter Information:

Quelle: Die Kurz-Definitionen stammen aus DIN EN ISO 9241-12, 1998, S.7.

Meines Erachtens stellen diese 7 Punkte zusammen mit den 7 unter 9241-10 die Kernaussagen der Ergonomie im Internet dar. Mit ihnen und gründlichem Nachdenken über das konkrete Projekt kann man im Grunde jedes ergonomische Problem korrekt lösen.

Ein Styleguide ist die konkrete Anwendung dieses Teils 12 des Normenbündels. Wenn für ein Internet-Auftritt kein Styleguide existiert, steht zu befürchten, dass man sich nicht konsequent an alle Punkte gehalten hat.
Ein Styleguide ist die spezifische Umsetzung einer allgemeinen Norm (oder mehrerer Normen) für ein Projekt, Betriebssystem oder Internet-Auftritt.

Wie viel Text / wie viele Bilder dürfen auf eine Seite?

Zu dieser Frage liefert die Norm einen konkreten Wert:

Bei zeichenorientierten Systemen ging man von 40% Textfüllung einer Seite als oberem Grenzwert aus. Bei grafischen Oberflächen können Linien, Schaltflächen, Symbole etc. beim Betrachter subjektiv sogar einen wesentlich höheren Füllungsgrad hervorrufen, als sie tatsächlich einnehmen.

Dies bedeutet, dass mindestens die Hälfte Ihrer Internet-Seite aus Leerraum bestehen sollte!
Konkret heißt dies: Lassen Sie überall ausreichend Ränder und benutzen Sie sichtbare Zeilen- und Absatzende-Abstände.

Wichtige Beispiele

Die Norm 9241-12 liefert wichtige Beispiele für die praktische Anwendung:

DIN EN ISO 9241-13

Titel: Benutzerführung bei Software-Benutzungsschnittstellen

Das Deutsche Wort "Benutzerführung" wirkt nicht nur abschreckend, sondern auch irreführend.
Im Englischen Original heißt es "guidance" - Hilfe, Anleitung.
Ein guide ist jemand, der als Pfadfinder wirkt, einem Hinweise und Anhaltspunkte zur Lösung von Problemen liefert, Antworten auf Fragen gibt oder sogar einen kompletten Leitfaden anbietet.

Benutzerführung wird definiert als Zusätzliche Information zum regulären Benutzer-Computer-Dialog. D.h.: Auf Anfrage oder automatisch werden Statusinformationen, Rückmeldungen, Hilfen zur Verfügung gestellt.

Beispiel:

Bewegen Sie Ihre Maus über diesen Pseudo-Link
und warten Sie kurze Zeit.
Im erscheinenden Fenster erhalten Sie eine Rückmeldung.
Etwas Ähnliches finden Sie in Ihrer Statuszeile - der 2. von unten auf Ihrem Monitor bzw. in der untersten in Ihrem Browser - links

Erzeugt wird es mit <a href="####" title="Dieser Link führt nirgendwohin - Bitte nicht klicken" onmouseover="window.status=‘Das hier ist eine Rückmeldung‘;return true">

Etwas Vergleichbares erhalten Sie in meinem Kontaktformular, falls Ihnen Fehler bei der Eingabe unterlaufen.

Hilfen gestalten

Hierzu unterbreitet die Teilnorm 13 konkrete Vorschläge:

DIN EN ISO 9241-14 bis 17

Die vier folgenden Teilnormen enthalten wichtige Details zu Dialogtechniken für die unterschiedliche Dialogführung.

DIN EN ISO 9241-14

Titel: Teil 14: Dialogführung mittels Menüs

Hierbei werden Pull-down- und Pop-up-Menüs sowie die Anordnung von Menüoptionen und -gruppen behandelt.
Allerdings eignen sich die Angaben auch für ständig sichtbaren Navigationen auf Internet-Seiten.

Falls die Anzahl der Optionen für ein einziges Menüfeld zu hoch ist (5-6), sind Menüstrukturen erforderlich. Die Strukturierung / Gruppierung kann nach folgenden Kriterien erfolgen:

Für die Benennung der Navigationspunkte werden folgende Empfehlungen gegeben:

Details für die Navigation:

Abgesehen von den grafischen Piktogrammen, die ich als Pfeile nur bei wenigen Links gezielt einsetze, finden Sie alle anderen Elemente in meiner Navigation rechts oben umgesetzt.

DIN EN ISO 9241-15

Titel: Teil 15: Dialogführung mittels Kommandosprachen.

Zwar zielt diese Norm eher auf zeilenorientierte Betriebssysteme wie Unix und Kommandosprachen wie z.B. Perl, aber man kann aus den Details dennoch auch für die eigene Navigationsbezeichnung lernen.

Befehlsworte:

DIN EN ISO 9241-16

Titel: Teil 16: Dialogführung mittels direkter Manipulation.

Diese Teilnorm betrifft das Bedienen vergleichbarer Objekte aus der realen Welt. Hierzu verwendet man Metaphern (bildliche Übertragungen): Arbeitsobjekte aus dem realen Alltag, vertraute Konzepte kann man verwenden - dort, wo sie sinnvoll sind.
Allerdings darf man Metaphern nicht überstrapazieren: Ein Buch, in dem man durch langwieriges Blättern zum nächsten Kapitel gelangt, ist als Metapher unsinnig, wenn man im PC dorthin springen kann.

Hinweise:

Als einfaches und bei mir verwendetes Beispiel dient der Pfeil. Das Springen mit einem Hyperlink kann z.B. durch einen Pfeil symbolisiert werden: Pfeil nach oben: Zum Seitenanfang; Pfeil nach rechts: weiter (zum nächsten Thema).

DIN EN ISO 9241-17

Titel: Teil 17: Dialogführung mittels Bildschirmformularen.

Diese Teilnorm umfasst alle Eintragungen oder Auswahlmöglichkeiten, die ein Benutzer macht.

Empfehlungen:

Weitere Details für Formulare, die auch in anderen Teilnormen bereits stehen:

ISO IEC 9126 / DIN 66272 - Informationstechnik - Bewerten von Softwareprodukten Qualitätsmerkmale und Leitfaden zu Ihrer Verwendung

IEC = International Electrotechnical Commission

Zielgruppe: Da diese Norm für Entscheider / Manager gedacht ist, bietet sie eine Übersicht, ganzheitliche Sicht und Zielkonflikte (Zeit, Kosten, Qualität), sowie ein Modell eines Bewertungsprozesses.

Die ISO IEC 9126 ist in vier Teile unterteilt, die man in der deutschen Norm zusammengefasst hat:

Diese zwei identischen Normen legen 6 Merkmale für die Qualität von Software fest:

  1. Funktionalität - was macht die Software?
  2. Zuverlässigkeit - Ein definiertes Leistungsniveau unter einem festgelegten Zeitraum bewahren (z.B. Klick auf Symbol funktioniert auch nach Stunden noch mit dem identischen Ergebnis). Dies ist für aufgabenkritische Systeme wichtig.
  3. Benutzbarkeit - Aufwand, der zur Benutzung erforderlich ist. Hängt von Benutzern, Aufgaben und Umgebung ab. Auf alle Anwendungsumgebungen bezogen. Dies ist nicht identisch mit Ergonomie (Effizienz, Effektivität als besondere Bestandteile). Das ist für Dialogsysteme wichtig.
  4. Effizienz - Leistungsniveau und Aufwand zur Erstellung der Software. Dies ist für zeitkritische Systeme wichtig.
    Effizienz für Endanwender: Antwortzeiten, für Entwickler: Pfadlänge-, Zugriffs-, Wartezeiten
  5. Änderbarkeit - Aufwand zur Weiterentwicklung / Anpassung. Ist nicht identisch mit Wartung: Aufrechterhaltung des Soll-Zustandes.
  6. Übertragbarkeit - Eignung, in anderen Umgebungen lauffähig zu sein.

DIN EN ISO 13407

Titel: Benutzerorientierte Gestaltung interaktiver Systeme.

Zielgruppe: Projektmanager

Nutzungskontext: Benutzer, Arbeitsaufgaben, Arbeitsmittel (Hardware, Software und Materialien) sowie die physische und soziale Umgebung, in der das Produkt genutzt wird.

"Interaktive Systeme benutzerorientierter zu gestalten, hat bedeutende wirtschaftliche und soziale Vorteile."

ISO 13407 - Gestaltung interaktiver Systeme, 1999, 4., S.3.

Die Norm für alle Internet-Projekte empfiehlt unter Punkt 5.2 die Aktive Beteiligung der Benutzer und ein klares Verständnis von Benutzer- und Aufgabenanforderungen. Hierzu ist ein Ergonomie-Fachmann erforderlich.

DIN EN ISO 14915

Titel: Software-Ergonomie für Multimedia-Schnittstellen.

Dieses Normenbündel umfasst derzeit 3 Teilnormen.

Die meisten Inhalte beziehen sich jedoch - wie der Titel andeutet - auf Multimedia-Elemente und nicht direkt auf Web-Inhalte. Gemeint sind damit z.B. die mittels Metaphern übertragenen Schaltelemente von Ketten- und Video-Recordern auf ähnlich arbeitende Software.

DIN EN ISO 14915-1

Titel: Teil 1: Gestaltungsgrundsätze und Rahmenbedingungen

Auf die zu beachtenden Rahmenbedingungen, wie Physiologie der menschlichen Sinne, Wahrnehmung und Motivation, Kognition (Wahrnehmen und Erkennen), Menschliche Kommunikation, Exploration (ausprobieren, erkunden), Benutzungsmotivation, Vorlieben für bestimmte Medien, sowie die Problemfelder, z.B. Potentziel starke Wahrnehmungsbelastung / Wahrnehmungsüberlastung, strukturelle und semantische Komplexität, umfangreiches Informationsangebot, gehe ich in anderen Artikeln in dieser Rubrik ausführlich ein.

Zwar behandelt die Norm und konkretisiert eher Details aus den Teilnormen 9241-10 und -12, aber es finden sich auch einige allgemein verwendbare Hinweise:

DIN EN ISO 14915-2

Titel: Teil 2: Multimedia-Navigation und Steuerung

Auch dieser Titel verspricht mehr, als er in Hinblick auf die Internet-Gestaltung konkret zu halten vermag.

Empfohlene Navigationsstrukturen:

Letztendlich entscheidet bei dieser großen Auswahl an möglichen Navigationsstrukturen der genau zu untersuchende Einzelfall. Teilweise finden sich auch je nach Hierarchieebene unterschiedliche Modelle: So kann ein E-Shop auf der Ebene der Produkte eine Nutzungshäufigkeitsbezogene und bei der Abwicklung der Kauforder eine Verlaufsbezogene Navigation sinnvoll kombinieren.

3 Navigationsarten:

  1. Standardfall: Navigation zwischen unterschiedlichen Seiten
  2. Interne Navigation: Navigation zu verschiedenen Inhaltsblöcken auf derselben Seite.
    Meist findet sich hierbei eine Art Inhaltsverzeichnis (aus Links) am Seitenanfang.
    Hierzu gehört auch die auf längeren Seiten am Seitenende auffindbaren Links "Zum Seitenanfang".
  3. Sondernavigation: Wenn sich Medienobjekte (z.B. zusammengehörende Bilder) auf mehreren Seiten befinden, soll sich ein Benutzer leicht zum nächsten oder zurückliegenden Thema bewegen können (z.B. in einem Fotoalbum).

Logisch abstrakt lassen sich die Navigationsstrukturen auch so unterteilen:

Gleichgültig welche Struktur man auswählt, der Ausgangspunkt der Struktur sollte immer angezeigt werden ("Start", "Startseite").

Steuerungselemente:

Verknüpfungen:

DIN EN ISO 14915-3

Titel: Teil 3: Auswahl und Kombination von Medien

Auch dieser Titel verspricht mehr, als er in Hinblick auf die Internet-Gestaltung konkret zu halten vermag.

Das Ziel dieser Teilnorm ist: Informationsarten (darstellungsneutrale Anforderung an die Anwendung) auf geeignete Medienarten (Präsentation des Inhaltes) abzubilden.
Hierzu werden mehrere umfangreiche Tabellen und Schaubilder angeboten, die (m.E. vor allem einem Projektleiter) die gezielte Auswahl der Medien erleichtern.

Allgemeine Hinweise:

Empfehlungen für die Medienauswahl

Für folgende Informationen kann man die hinter dem Doppelpunkt angegebenen Medien benutzen:

Ergebnisse der Erkenntnispsychologie zu Bildern:

DIN ISO IEC 12119

Titel: Informationstechnik - Software-Erzeugnisse - Qualitätsanforderungen und Prüfbestimmungen

Diese Norm hat weniger mit dem WWW zu tun, als eher mit reinen Softwareprodukten (wie z.B. Word. Die damit anvisierte Zielgruppe sind auch eher Prüflaboratorien, die derartige Software zertifizieren.

ISO IEC TS 16071

Titel: Ergonomie der Mensch-System-Interaktion - Leitlinien zur Barrierefreiheit von Mensch-Computer-Schnittstellen.

IEC = International Electrotechnical Commission
TS = Technical Specification

Ausgehend von der Feststellung, dass Accessibility und Usability inhaltlich eng miteinander verbunden, ja verwand sind, besteht die Zielgruppe dieser Norm aus Menschen / Benutzern mit Behinderungen.
Behinderungen werden hier weit gefasst: Wenn man z.B. beide Hände für andere Arbeiten benötigt, ist man bereits beim Bedienen einer weiteren Maschine behindert. Oder, wenn man z.B. kurzzeitig den Arm in einem Gipsverband hat.
Aber in der Definition geht es um capabilities - also Fähigkeiten mit einer großen Spannweite. Der Schwerpunkt liegt folglich bei assistive technologies: alles was einem Behinderten hilft.

Wichtig ist die Unterscheidung zwischen Impairment - Beeinträchtigung und Behinderung - disability

Betroffene, Beeinträchtigungen, Behinderungen:

Richtlinien:

ISO IEC TS 16982

Titel: Ergonomie der Mensch-System-Interaktion-Methoden zur Gewährleistung der Gebrauchstauglichkeit, die eine Benutzer-orientierte Gestaltung unterstützen.

IEC = International Electrotechnical Commission TS = Technical Specification

Diese Norm liefert einen Überblick über Ergonomiemethoden. Die benutzerorientierte Gestaltung aus ISO 13407 wird hier konkret mit Methoden für Projektleiter / Projektmanager untermauert.

Zielgruppe: Spezialisten.
Seite 1 legt klar fest, dass sich diese Methoden nur von Spezialisten anwenden lassen. Es wird davor gewarnt, dass unerfahrene Personen diese Methoden benutzen.
Most methods require the involvement of human-factors specialists. It may be inappropriate for them to be used by individuals without adequate skills and knowledge.

Bei einem Intranet bzw. Extranet lassen sich folgende positive Faktoren einer ergonomischen Gestaltung festhalten: höherer Anwenderzufriedenheit und Produktivität, höhere Arbeitsqualität, Reduktion der Kosten beim Support und der Schulung, höhere Benutzergesundheit und Wohlergehen. Diese Anforderungen sind inzwischen aufgrund internationaler Standards und Gesetze von Mitarbeitern einklagbar.

ISO TS 16982 - Ergonomics of human-system interaction - Usability methods supporting human-centred design 4.1, S.2.

Methodologien:

Zu den Methoden, deren Analysemethoden sowie Anwendungsgebieten finden sich fast ein dutzend Tabellen mit Detailangaben.

ISO IEC TS 18035

Titel: Informationstechnik - Bildschirmsymbole und Funktionen zur Kontrolle multimedialer Software-Anwendungen

TS = Technical Specification

Auch wenn hier wieder das Wort Multimedia erscheint, hält die Norm weniger für die Internet-Gestaltung bereit als sie im Titel andeutet.

Die Norm beschreibt grafische Symbole für Funktionen auf Computer-Bildschirmen. Üblicherweise handelt es sich um Elemente, die man sonst auf Kassetten-Recordern etc. findet. In der Folge werden alle Symbole mit Bildern beschrieben und erklärt.
Die Norm bezieht sich auf ISO 14915-2: Navigationen und Bedienelemente.

Hinweise:

ISO TS 18036

Titel: Informationstechnik-Bildschirmsymbole und Funktionen für World Wide Web Browser - Symbolleisten.

TS = Technical Specification

Auch wenn hier das Wort World Wide Web auftaucht, hält die Norm weniger für die Internet-Gestaltung bereit, als sie im Titel andeutet. Im Grunde bezieht sie sich nur auf die Icons der sogenannten Toolbar / Werkzeugleiste in der Browser-Software selbst.

Allgemeine Hinweise:

Weitere Normen

Literatur: Software-Ergonomie, Empfehlungen für die Programmierung und Auswahl von Software, TB-DIN 354, Beuth-Verlag. Dieses Taschenbuch mit 590 Seiten enthält die wichtigsten Normen zur Software-Ergonomie.

Weiterführende Links

Resümee

Vieles hier Beschriebene ist im Grunde selbstverständlich. Da es dennoch von vielen Gestaltern im Internet missachtet wird, ist es gut, dass es in diesen international gültigen Normen niedergeschrieben steht.

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